Erbe des Siedlerkolonialismus
Zum Genozid an der Indigenen Bevölkerung Nordamerikas
Die Besiedlung des nordamerikanischen Kontinents ging mit einer Auslöschung der Indigenen Bevölkerung einher. Der mörderische Charakter der Annektierung ist schon in die Ideologie des Siedlungsprojekts eingeschrieben. Die Anerkennung des Genozids trifft auf Widerstand.
14. Mai 1607: 104 englische Siedler gehen an der atlantischen Insel Jamestown vor Anker. Ihr Ziel: die Reichtümer Amerikas. Die Insel sollte später zur Kolonie Virginia gehören. Aber so »jungfräulich«, also unberührt, wie es der Name suggeriert, war das Land nicht. Die Ankommenden landeten inmitten der Tsenacommacah, wie die Region von den Powhatan genannt wird. Diese war eine Konföderation von etwa 15.000 Menschen, organisiert in 27 bis 34 Algonquin-sprechenden Nationen, die verteilt über die Küstenebene lebten. Vier Jahre später löschten die Eindringlinge die nahe gelegene Paspahegh Nation aus und begingen damit den ersten englischen Völkermord an der Indigenen Bevölkerung auf dem nordamerikanischen Kontinent. Um 1700 zählten die Powhatan-Nationen nur noch etwa 600 überlebende Angehörige.
Das Morden sollte weitere 400 Jahre andauern, im gesamten englischsprachigen Nordamerika, darunter auch das Gebiet, das man ab 1789 die Vereinigten Staaten nannte. Nicht jede Indigene Gesellschaft wurde Opfer eines Genozids, doch es waren viele. All diese Genozide wurden lange Zeit geleugnet. Massaker, Folterungen, Verstümmelungen, künstliche Hungersnöte, Umsiedlungen, Entführungen von Kindern und andere Grausamkeiten – all dies wurde lange Zeit verdrängt. Als rechtfertigende Erklärungen für die Auslöschung werden häufig Krankheiten angeführt. Außerdem wird auf wohltätige Motive oder zumindest Gleichgültigkeit gegenüber den Indigenen verwiesen. Aber die historische Bilanz ist eindeutig: Die ursprünglichen Bewo