Kein Weg zurück
Der Völkermord an den Jesiden hat eine neue Realität geschaffen
Zehn Jahre nach den Angriffen durch den Islamischen Staat (IS) leben die meisten Jesiden im Irak noch immer in Flüchtlingscamps. Daran hat auch die Anerkennung des Genozids durch den Deutschen Bundestag Anfang 2023 nichts geändert.
Spätesten seit 2017 ist das komplette Siedlungsgebiet der Jesiden um den Bergzug des Sinjar (kurdisch Shingal) vom IS befreit. Dennoch leben rund 200.000 Jesiden noch immer in Zelten, die einst als Notmaßnahme gedacht waren. Das »Kalifat« mit seiner Hauptstadt Mosul ist Geschichte, der Genozid an den Jesiden aber hat die Region dauerhaft verändert. Eine so fürchterliche wie wenig beachtete Erkenntnis: Täter, die einen Völkermord begehen, ohne dass sofort eingegriffen wird, sind in ihrer Zielsetzung bereits erfolgreich, egal, was nachher mit ihnen selbst geschieht.
Keine Sicherheit
Im Juli 2024 sollen nun nach dem Willen der irakischen Zentralregierung die verbliebenen Lager für IDPs (Binnenflüchtlinge) in der kurdischen Autonomiezone geschlossen werden sowie die anderen entsprechenden Lager im Irak bereits in den letzten Jahren. Das ist im Grunde auch keine schlechte Idee und ein wichtiger Schritt hin zu einer Normalisierung, wenn denn die Menschen nur dorthin zurückkehren könnten, von wo sie einmal fliehen mussten. Und das zu erträglichen Bedingungen, was neben einer funktionierenden Infrastruktur, vorhandenen Verdienstmöglichkeiten, geräumten Minen und reparierten Häusern vor allem eines bedeutet: Die Gewährleistung von Sicherheit. Und die ist im Sinjar für die Jesiden nach wie vor nicht gewährleistet. Ihr Siedlungsgebiet steht im strategischen Fokus diverser regionaler und überregionaler Akteure. Es ist so viel einfacher, Menschen zu vertreiben und umzubringen, als eine zerstörte Landschaft wiederaufzubauen.
{{recom::557,550,556