Feminismus der Solidarität
Rezensiert von Hannah Kopahnke
11.12.2023
Veröffentlicht im iz3w-Heft 400
bell hooks, geboren 1952 und gestorben 2021 in Kentucky, war Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Aktivistin. Während sie in deutscher Sprache erst entdeckt wird, gelten ihre Bücher in den USA schon lange als Klassiker der Theorie des Rassismus und des feministischen Schreibens. Ihr Buch Die Bedeutung von Klasse wurde 2021 ins Deutsche übersetzt. hooks schreibt in diesem Buch viel Biografisches: das Aufwachsen in Armut und ihre Erfahrungen als junge Frau in einer Klassengesellschaft. Sie interessiert sich für die Schnittmenge von Feminismus und Klassenmacht: »Während in den Achtzigerjahren viele feministische weiße Frauen eher gewillt waren über race zu sprechen und Rassismus einzugestehen, sprachen sie jedoch nicht über ihren Klassismus, ihre Angst, Herablassung und ihren Hass gegen die Armen und die Arbeiterklasse.«
hooks wirbt für einen Feminismus, der die Art und Weise berücksichtig, wie ineinandergreifende Systeme von Klassismus, Rassismus und Sexismus dazu beitragen, dass Frauen ausgebeutet sowie unterdrückt werden und Gewalt erfahren. Sie liefert dabei weder eine neue Analyse des Klassenbegriffs, noch nennt sie konkrete Beispiele für kollektive Bewegungen und verbleibt meistens auf der Ebene individueller Verhaltensänderungen. Dennoch liefert sie mit dem Buch eine Perspektive, die in der feministischen Debatte oft zu kurz kommt, etwa wenn es um Gewalt gegen Frauen geht. In diesem Zusammenhang ist ihr Buch auch für die Debatte in Deutschland gewinnbringend. So schreibt sie über hochaktuelle Probleme wie die Feminisierung von Armut und über Wohnungsnot, die besonders Frauen betrifft.
bell hooks Buch ist auch für die Debatte in Deutschland gewinnbringend
Auch hierzulande ist der Wohnungsmarkt ein Schauplatz, auf dem es von Armut betroffene Frauen besonders schwer haben. Obwohl wir wissen, dass die Verweildauer von gewaltbetroffenen Frauen in Frauenhäusern auch deshalb so lang ist, weil es für sie besonders schwer bis unmöglich ist, nach dem Auszug eine Wohnung zu finden, bleiben Forderungen nach frauenpolitischer Stadtplanung in sozialem Wohnungsbau doch eher Nebentöne der Debatte. Folgen wir hooks‘ Forderung eines Feminismus der Solidarität, bliebe dieser nicht bei einer Schadensbegrenzung in Form von psychosozialer Beratung und Frauenschutzräume stehen, sondern forderte entschlossen das Recht aller Frauen auf sicheren und bezahlbaren Wohnraum, unabhängig von ihrem Einkommen.