EACOP Schlagzeilen & Hintergründe | Teil 5

Aktuelle Infos

Audiobeitrag von Martina Backes

03.07.2024
Teil des Dossiers Klimakrise in der Pipeline

Unser monatliches Update mit Schlagzeilen und Hintergründen rund um die East African Crude Oil Pipeline

Entdeckung des ugandischen Chefs der Regulierungsbehörde für Öl und Gas +++ Festnahmen in Uganda nach weltweiter Aktion +++ Interview mit dem Anwalt Kato Tumusliime +++ Ausschluss Ugandas aus einem Wirtschaftsabkommen – der internationale Druck wächst +++ Klage gegen die East African Crude Oil Pipeline

Sharepic zu den EACOP Schlagzeilen  | Teil 5 im Juli 2024
Sharepic zu den EACOP Schlagzeilen | Teil 5 im Juli 2024

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Erstausstrahlung am 2. Juli 2024 im südnordfunk #122

Die Regulierungsbehörde für Erdöl und Erdgas macht eine Entdeckung

Ernest Rubongo, der Chef der Regulierungsbehörde für Erdöl und Gas in Uganda, machte im April dieses Jahres eine Entdeckung: Die Zahl der Erdölfördertürme in seinem Land ist die viertgrößte auf dem afrikanischen Kontinent, nach Algerien, Libyen und Nigeria.

Auf der in Kampala tagenden Konferenz der Erdöllieferanten erklärte der Leiter der Regulierungsbehörde, Ernest Rubondo, dass Uganda einen großen Meilenstein erreicht habe und nun zu den großen Erdölunternehmen mit großen Bohranlagen auf dem afrikanischen Kontinent gehöre.

Die Entwicklung der Anlagen zur Förderung der entdeckten Öl- und Gasvorkommen in den Projekten Tilenga und Kingfisher wird etwa sechs bis acht Milliarden US-Dollar erfordern. Zu den wichtigsten Infrastruktureinrichtungen gehören die Raffinerie in Kabaale, Hoima, deren Kosten sich auf etwa vier Milliarden US Dollar belaufen, und eine Rohölexportpipeline von Hoima, Kabaale, nach Tanga, deren Kosten auf fünf Milliarden US Dollar geschätzt werden.

Proteste gegen den Bau der Ölpipeline in zehn Ländern

Am Mittwoch, den 26. Juni 2024, versammelten sich Aktivisten vor chinesischen Botschaften und Finanzinstituten in zehn Ländern und forderten China auf, die finanzielle Unterstützung für die East African Crude Oil Pipeline (EACOP) und damit verbundene Ölfeldprojekte abzulehnen. Die Demonstrationen fanden in ganz Afrika und Europa im Rahmen eines koordinierten Aktionstages statt, der von ugandischen, tansanischen und anderen Mitgliedern der #StopEACOP-Kampagne organisiert wurde.

In Uganda wurden mehreren Quellen zufolge 30 Aktivist*innen verhaftet. Die Studierenden hielten Plakate mit der Aufschrift »Not for Oil« hoch und begannen einen, wie sie es nannten, friedlichen Marsch zur Botschaft, der jedoch nur wenige Meter vor dem Tor der Botschaft von der Polizei zur ›Terrorismusbekämpfung‹ aufgehalten wurde.

Der Vorfall steht für die zunehmende Repression gegenüber den Gegner*innen des EACOP-Projekts. In Tansania beschlagnahmte die Polizei die Transparente, die die Demonstrierenden in der Hand hielten, und fotografierte die auf den Transparenten abgebildeten Betroffenen mit ihren Aussagen. Das ließ die Befürchtung aufkommen, dass diese Personen künftig von den Sicherheitskräften schikaniert werden könnten. Die Plattform Crisis 24 berichtet am gleichen Tag:

Weitere Proteste gegen ein umstrittenes Ölprojekt, die East African Crude Oil Pipeline (EACOP), sind landesweit bis Juli möglich. Am 26. Juni nahm die Polizei etwa 20 Personen fest, die vor der chinesischen Botschaft in Kampala gegen das Projekt protestierten.

Ausländische Botschaften und internationale Vertretungen, wie das EU-Gebäude in Kampala, sind wahrscheinliche Versammlungsorte. In der Nähe der Demonstrationen ist mit erhöhten Sicherheitsvorkehrungen und örtlichen Verkehrsbehinderungen zu rechnen. Zusammenstöße mit Sicherheitskräften sind weiterhin möglich, da diese dafür bekannt sind, mit harter Hand vorzugehen. Die Gefahr von Gewalt wird zunehmen, wenn rivalisierende Aktivist*innen, die das Projekt befürworten, an Kundgebungen teilnehmen, so die Plattform Crisis 24.

Quellen:

  • Environews Nigeria
  • Crisis24
  • Monitor Uganda
  • Upstreamonline

Der Anwalt eines verschleppten Umweltaktivisten berichtet

In der aktuellen Ausgabe der iz3w berichtet unser Medienprojekt »Klimakrise in der Pipeline« über die internationale Vernetzung der Aktivist*innen – und das Witness Radio über zunehmende Repressionen in Uganda gegen kritische Stimmen gegen dieses fossile Infrastrukturprojekt.

So wurden am 27. Mai 2024 sieben Ugander*innen verhaftet, weil sie versucht hatten, eine Petition an die chinesische Botschaft zu überreichen, berichtet die Kampagne #StopEACOP. In der Petition wiesen zahlreiche Menschenrechtsorganisationen weltweit auf die negativen Auswirkungen des Ölprojekts hin, darunter Landverlust, Umweltzerstörung und die Verletzung von Menschen- und kommunalen Rechten.

Am 4. Juni wurde in Kampala Stephen Kwikiriza vom Institut für Umweltmanagement verschleppt. Fünf Tage nach seiner Entführung wurde Stephen Kwikiriza 150 Meilen von Ugandas Hauptstadt entfernt bei Kyenyoyo am Straßenrand zurückgelassen. Laut eigener Aussagen gegenüber 350grad.org wurde er nach der Gefangennahme bis auf die Unterwäsche entkleidet, bekam kaum etwas zu essen, wurde schwer geschlagen und erlitt Verletzungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Sein Anwalt, Kato Tumusliime, sagte dem südnordfunk Ende Juni:

»Stephen ist also eine Kontaktperson für viele von uns.«

Kato TumusIiime: Stephen Kwikiriza stammt aus dem Bezirk Chibari, einem der Bezirke, die von dem Ölprojekt betroffen sind. Er ist also selbst ein Betroffener der Pipeline. Stephen hilft dem Institut für Umweltmanagement (EIG) als Gemeindearbeiter. Er sammelt Informationen im Namen des Instituts. Er hilft dabei, mit anderen Mitgliedern zu kommunizieren und Informationen zu erhalten. Er ist also eine Art Kontaktperson für viele von uns. Und er fungiert als Kontaktperson für viele Journalist*innen, die aus dem Ausland hierher nach Uganda kommen. Als Stephen in seiner Heimatregion war, hatte er Journalist*innen aus Frankreich zu Gast, wenn ich mich recht erinnere. Sie drehten einen Dokumentarfilm über Projekte, die sich auf das Leben der Menschen auswirken. Als die Sicherheitskräfte der Region die Journalist*innen ausfindig machten, wurden sie befragt, und dabei erfuhren die Sicherheitskräfte, dass Stephen ihre Kontaktperson in der Region ist. Er half ihnen dabei, die Leute zu versammeln, Hotels zu buchen und so weiter.

südnordfunk: Stephen hatte zuvor Drohungen vonseiten der ugandischen Armee erhalten – berichtet laut der britischen Zeitung The Guardian Samuel Okulony, der Geschäftsführer der Organisation für die Stephen Kwikiriza arbeitet. Okulonya sagte, die Gewalt habe zugenommen, weil – Zitat – »die Kampagne gegen die Einstellung der Erdölaktivitäten in Uganda erfolgreich war«.

Kato TumusIiime: In seiner Heimatregion fühlte sich Stephen unsicher, weil die Sicherheitskräfte wütend auf ihn waren. Mithilfe des Instituts kam er in ein sicheres Haus in Kampala. Am Morgen seiner Entführung war Stephen wie an einem normalen Tag in die Stadt gefahren, um für seine Familie einzukaufen. Dort wurde er von Unbekannten entführt, von denen wir glauben, dass sie vom Sicherheitsdienst sind, denn so arbeiten die hier in Uganda.

Man wird einfach entführt, gekidnappt oder verschleppt. Stephen wurde für etwa eine Woche an einen unbekannten Ort gebracht. Daraufhin schritten wir ein, besuchten eine Reihe von uns bekannten Haftanstalten und kontaktierten verschiedene Sicherheitschefs, konnten Stephen aber nicht finden. Also haben wir legale Maßnahmen ergriffen und eine Habeas-Corpus-Klage eingereicht.

südnordfunk: Eine solche Klage zielt darauf ab, durch gerichtliche Entscheidung die Freilassung eines unrechtmäßig gefangen Gehaltenen zu erwirken.

Kato TumusIiime: Glücklicherweise wurde Stephen noch vor der Anhörung in einem bestimmten Gebiet namens Kyenjojo abgesetzt - das ist etwa fünf bis sechs Autostunden von Kampala entfernt. Aber er war gefoltert und verprügelt worden. Dort kontaktierte er das EGI, das ihm half, nach Kampala zurückzukehren, wo er drei Tage lang im Krankenhaus lag.

»Wir warten immer noch auf die Untersuchung, um eine Antwort zu erhalten.«

Er wurde behandelt, weil er gefoltert worden war. Seine Haut war voller Schürfwunden. Er weinte wegen der Schmerzen im Kopf und in der Brust. Bis jetzt leugnet die UPDF Uganda People's Defence Force, also das Militär, Stephen festgehalten zu haben. Die Polizei leugnete, Stephen festzuhalten. Auch alle anderen Sicherheitsbehörden leugneten, Stephen in ihrer Gewalt zu haben. Wir warten immer noch auf die Untersuchung, um eine Antwort zu erhalten und um zu erfahren, wer Stephen festhielt, warum sie ihn festhielten und warum sie ihn nicht in ein anerkanntes Haftzentrum bringen wollten. Er erzählte mir, dass sie ihn unter anderem fragten, wie er sich engagiert und wie er Kontakte zu internationalen Menschen, einschließlich der Medien und Journalist*innen, knüpft und wie er an dem Aufstand beteiligt war. Und wie die Gemeinden gegen das EACOP und das Kingfisher-Projekt vorgehen.

südnordfunk: Auf die Frage, ob die Sicherheitsbehörden des Staates da involviert seien, meinte Kato Tumusliime:

Kato TumusIiime: Ja, die nationale Sicherheit. Und die anderen Agenturen, die mit der Regierung in ihren Geheimdienst- und Militärorganisationen zusammenarbeiten.

südnordfunk: Anwälte, die Menschenrechtsaktivist*innen verteidigen, müssen sich oft auch um ihre eigene Sicherheit sorgen. Dazu mehr in unserer neuen iz3w Ausgabe, die ihr auch online lesen könnt: Feinde des Staates - Widerstand gegen die EACOP wird zur tödlichen Aufgabe.

Quellen

  • südnordfunk Interview mit Kato Tumusliime
  • Presseerklärung: Abduction of a Human Rights Defender from the Kingfisher project area by UPDF
  • The Guardian

 

Internationaler Druck auf Uganda wächst

Ugandas Präsident Yoweri Museveni ist bemüht, den Menschen in Uganda zu versichern, dass alles in Ordnung sei. Das ist sein Versuch, von internationalem Druck wegen der Menschenrechtsverletzungen abzulenken. US-Präsident Joe Biden hat das Land aus dem Handelsabkommen ausgeschlossen. Es hat einen Wert von 40 Milliarden Uganda Shilling – zirka 10,5 Millionen US Dollar.

Biden hatte Uganda, die Zentralafrikanische Republik, Gabun und Niger aus dem African Growth and Opportunity Act (Agoa) gestrichen, weil sie die Anforderungen für die Teilnahme an dem geplanten Exportgeschäft nicht erfüllten. Seit der Einführung der Agoa-Gesetzgebung im Jahr 2000, die es mehreren afrikanischen Ländern ermöglicht, eine Reihe von Waren zollfrei in die USA auszuführen. Uganda war ein wichtiger Nutznießer des Programms – rund 11,5 Prozent aller Ausfuhren des Landes laufen darunter.

Mehr als 80 Prozent der ugandischen Ausfuhren im Rahmen von Agoa stammen aus dem Agrarsektor. In diesem sind rund 72 Prozent der Arbeitskräfte des Landes beschäftigt. Dies deutet darauf hin, dass die Ausweisung erhebliche Folgen für diese Arbeitsplätze haben könnte.

Quelle

Der Ostafrikanische Gerichtshof behält sich Urteil über Einspruch gegen Zuständigkeit in der EACOP-Sache vor

Bereits 2021 klagten Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen vor dem Ostafrikanischen Gerichtshof gegen das Erdölprojekt. Die Republik Uganda, die Republik Tansania und der Generalsekretär der Ostafrikanischen Gemeinschaft zweifelten die Zuständigkeit des Ostafrikanischen Gerichtshofes EACJ zu Fragen der ökologischen und sozialen Gerechtigkeit rund um das EACOP-Projekt allerdings an. Die Entscheidung über den inzwischen weiter bearbeiteten Einspruch wird erwartet. Die Antragsteller hoffen, dass der EACJ die Hauptsache zügig verhandelt und den von dem Projekt betroffenen Gemeinden Gerechtigkeit widerfahren lässt.

Quellen

 

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