»Diese Risiken können nicht kontrolliert werden«

Das Öl bedroht die biolo­gische Vielfalt und bringt existen­zielle Not

Audiobeitrag von Witness Radio und südnordfunk Team

03.07.2024
Teil des Dossiers Klimakrise in der Pipeline

Das ostafrikanische Projekt EACOP zur Förderung von Rohöl - mit Ölfeldern und Bohrtürmen in Uganda und dem Bau einer Pipeline bis an den Indischen Ozean in Tansania - hat Hunderttausenden Schaden zugefügt. Es drohen weitere irreparable Schäden für die biologische Vielfalt. Die ugandische Regierung und ihre Projektpartner, darunter der Energiekonzern Total Energies, wollen diese Folgen mit Ausgleichsprojekten begrenzen. Doch Umweltaktivist*innen argumentieren, dass diese Pläne unwirksam sind. Sie meinen, die Regierung und ihre Partner*innen räumen dem Profit Vorrang vor den Risiken für Mensch und Umwelt ein. Zu Wort melden sich Jealousy Mugisha, Leiter der Community Voice and Planning Organization, Diana Nabiruma von AFIEGO und Rajab Bwengye, Mitarbeiter des Verbandes von Umweltexpert*innen (NAPE).


Skript zum Beitrag

Erstausstrahlung südnordfunk 2. Juli 2024 | Radio Dreyeckland | rdl.de | Autorin: Witness Radio und das südnordfunk-Team

Jealousy Mugisha: Ein Elefant dringt jetzt in die Häuser der Leute ein. Und tötet Menschen. Auch während ich hier spreche. Ja. Fünf bis sechs Menschen. Wir haben sie begraben. Wegen des Elefanten. Die Tiere fühlen sich im Nationalpark nicht mehr sicher. Sie müssen sich einen Ort suchen, an dem sie sicher sind. und fangen einfach an zu laufen. Also, wenn du aufwachst oder wenn sie dich im Garten antreffen, dann töten sie dich zwangsläufig. Wie können wir also nicht darüber sprechen?

Sprecherin: Jealousy Mugisha lebt im Westen Ugandas. Was der Umweltaktivist hier erwähnt, ist die Folge des Baus eines fossilen Infrastrukturprojektes: Die Ostafrikanische Rohölpileline mitsamt ihren Ölförderfeldern sorgt dafür, dass das fragile Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur durcheinandergerät. Naturparks werden gestört, Tiere ergreifen die Flucht, die von der Landwirtschaft lebenden Gemeinden im Umfeld tragen den direkten Schaden. Ein tötender Elefant ist kein böses Tier – der tragische Unfall ist die Folge direkter Zerstörung der biologischen Vielfalt durch Energieunternehmen.

Antonio Guterres: Das weltweite Bleichen der Korallen wird durch beispiellos hohe Meerestemperaturen verursacht – und es werden mehr Korallen sterben, als es die Wissenschaft bisher vorhersagte.

Sprecherin: Besorgt um die Folgen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt, zu der auch die weltweiten Korallenriffe gehören, zeigte sich Antonio Guterres anlässlich des Weltumwelttag, dem 5. Juni. Hier hielt der Generalsekretär der Vereinten Nationen, eine eindringliche Rede: Er empfahl darin ein Werbeverbot für Unternehmen die mir fossilen Brennstoffen agieren in allen Ländern -  ähnlich wie bei den Beschränkungen für große Tabakkonzerne. Guterres nannte sie die "Paten des Klimachaos" und warnte: die Welt stehe vor einer "Klimakrise".

Antonio Guterres: Die Kosten für all das Chaos treffen die Menschen dort, wo es weh tut: Von schwerwiegenden Engpässen in der Versorgungskette bis hin zu steigenden Preisen, zunehmender Ernährungsunsicherheit und Häusern sowie Firmen, die vor Schäden nicht mehr versichert werden können. Und diese Last wird weiter steigen.

Sprecherin: Guterres kündigte auch neue Daten der Weltorganisation für Meteorologie an, aus denen hervorgeht, dass eine 80-prozentige Chance besteht, dass die globale Durchschnittstemperatur in mindestens einem der nächsten fünf Jahre um mehr als 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau liegen wird. Guterres erwähnte außerdem:

Antonio Guterres: Selbst, wenn die Emissionen morgen auf null sinken würden, wird das Klimachaos einer aktuellen Studie zufolge bis 2050 mindestens 30 Billionen Dollar pro Jahr kosten. Der Klimawandel ist die Quelle steigender Steuern. Die müssen von allen Menschen und insbesondere den gefährdeten Ländern und Gemeinschaften aufgebracht werden. Indes fahren die Paten des Klimachaos, die fossile Brennstoffindustrie, Rekordgewinne ein und freuen sich über Billionen an Subventionen aus Steuergeldern.

Sprecherin: Ein weiteres alarmierendes Forschungsergebnis: Während die weltweite Artenvielfalt im 20. Jahrhundert allein aufgrund von Landnutzungsänderungen um 2 bis 11 Prozent zurückging, könnte der Klimawandel bis Mitte des 21. Jahrhunderts zum Hauptgrund für den Rückgang der Artenvielfalt werden. Dies ist das Ergebnis der größten Modellstudie ihrer Art. Sie wurde von mehr als 50 Wissenschaftler*innen aus über 40 Institutionen durchgeführt und jetzt in der Zeitschrift Science veröffentlicht. *. Auch die agrarbiologische Vielfalt und damit die Ernährungssysteme vor allem der ärmeren Bevölkerung im globalen Süden sind betroffen. Umso wichtiger ist die Vorsorge, um die Gesundheit des Planeten zu pflegen und die lokalen Ressourcen zu schützen, einschließlich der biologischen Vielfalt.

Antonio Guterres: Wir haben, was wir brauchen, um uns selbst zu retten: unsere Wälder, unsere Feuchtgebiete und unsere Ozeane nehmen Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf. Sie sind lebenswichtig, um den Grenzwert von 1,5-Grad einzuhalten. Wir müssen sie schützen.

Sprecherin: Guterres' eindringliche Botschaft und die alarmierenden Forschungsergebnisse (des PIK) finden bei ugandischen Umweltaktivisten Anklang – vor allem bei denjenigen, die sich dafür einsetzen, den Bau des East African Crude Oil Pipeline Projects (EACOP), der längsten beheizten Rohölpipeline der Welt, zu stoppen. Sie argumentieren, dass das Projekt den Menschen in Uganda erheblichen Schaden zufügt, einschließlich Menschenrechtsverletzungen und irreparabler Schäden für die Umwelt und die biologische Vielfalt. Rajab Bwengye, ein leitender Mitarbeiter des Verbandes von Umweltexpert*innen (NAPE), sagt:

Rajab Bwengye: In der Albertine-Region und allen anderen für die Ölpipeline vorgesehenen Gebieten leben die Menschen seit Jahrhunderten mit der reichen biologischen Vielfalt und den natürlichen Ressourcen zusammen. Diese Ressourcen haben einen erheblichen Nutzen gebracht, da sie eine Quelle für den Lebensunterhalt und für eine bessere Umwelt bieten.

Biologische Vielfalt als Quelle von Existenzen

Sprecherin: Der von der Regierung ausgeübte Druck, das Projekt fortzusetzen, ist für Kritiker*innen alarmierend. Es könnte diejenigen, die sich zu den negativen Auswirkungen der Rohölpipeline äußern, zum Schweigen bringen. Jealousy Mugisha ist ein Betroffener und Leiter der Community Voice and Planning Organization (C-O-V-A-P-O), einer lokalen Organisation, die sich für den Klimawandel und eine bessere Umwelt im Bezirk Hoima in Westuganda einsetzt. Er hat die Organisation 2022 gegründet.

Jealousy Mugisha: Wenn ich, wenn die Organisation ein Zertifikat bekommen hat, dann kann Geld von drüben auf unser Organisationskonto fließen. Also Geld, mit dem ich gegen die Regierung kämpfe. Dann kann ein Geldgeber uns, der kleinen Organisation, Geld geben, mit der wir eine große Regierung bekämpfen können. Wirklich.

Sprecherin: Als Jaelousy Mugisha im August 2023 sein Interesse an einer Registrierung seiner Organisation auf Bezirksebene bekundete, wurde ihr die Betriebserlaubnis für Hoima verweigert, mit der Begründung, dass er gegen die Regierung kämpfe.

Jealousy Mugisha: Nur zehn Millionen, sieben Millionen oder fünf Millionen Uganda Shilling* können diese Regierung bekämpfen. Die ganze Generation. Was mich betrifft, ich bin im Einsatz. Für sie weiß ich, dass ich illegal operiere. Und ja, ich operiere illegal, weil sie die Registrierung direkt abgelehnt haben. Sie sagten mir ganz direkt: Wir werden dir kein Zertifikat geben. Meine Vision, die Mission und das Ziel der Organisation wird also nun ohne Zertifikat weiterverfolgt.

Sprecherin: Ohne Zertifikat, das von den Bezirksverwaltungen ausgestellt werden kann, ist es einem Verein weder erlaubt, tätig zu werden, noch ein Vereinskonto zu führen.* Mugisha setzt sich, wie andere Aktivisten auch, angesichts der zunehmenden Einschüchterung mutig für den Schutz der Rechte seiner Gemeinschaft und der Umwelt ein. Wir sprachen mit ihm nur wenige Tage, nachdem er und sechs weitere Personen von der ugandischen Polizei brutal zusammengetrieben und vor der chinesischen Botschaft verhaftet wurden. Sie wollten dem chinesischen Botschafter eine Petition überreichen, in der China aufgefordert wird, keine Ölprojekte in Uganda zu finanzieren. Mugisha sagt, dies sei nicht seine erste Verhaftung; er berichtete von einem ähnlichen Vorfall im Jahr 2019.

Jealousy Mugisha: 2019 wurde ich am internationalen Flughafen Entebbe verhaftet, ich kam gerade aus Paris, um vor dem Gericht über Menschenrechtsverletzungen auszusagen. Ich verbrachte neun Stunden in Haft, wurde auch wieder freigelassen. Sie sagten mir, ich würde das ganze Land Uganda beschämen.

Einschüchterung von Umweltexpert*innen

Sprecherin: Mugisha weigert sich jedoch, sich durch Einschüchterung und Kriminalisierung davon abhalten zu lassen, für das zu kämpfen, was er für richtig hält.

Jealousy Mugisha: Sie versuchten also, mich einzuschüchtern. Im Ernst, ich sollte nicht mehr hingehen. Und wenn ich mein Leben retten will, sollte ich aufhören. Aber ich möchte nicht aufhören! Ich kämpfe für meine Rechte. Ich kämpfe für die Rechte meiner Leute. Ich kämpfe für die Rechte von Uganda, nicht nur für mich. Ich spreche sogar für Sie, in Ihrem Namen. Ich spreche, ich weine, ich beschwere mich im Namen eurer Kinder, im Namen eurer kommenden Generation.

Sprecherin: Die Aktivist*innen sind sich in ihrem Kampf einig: Sie wollen, dass die Regierung der Umwelt, der biologischen Vielfalt und den natürlichen Ressourcen, die von den Ölprojekten betroffen sein werden, Vorrang vor der Fossilindustrie einräumt. Laut Rajab Bwingye von der National Association of Professional Environmentalists (NAPE) befinden sich neun von zehn der Öl- und Gasvorkommen in Uganda in Schutzgebieten.

Rajab Bwengye: 90 Prozent der Öl- und Gasfunde, die wir hier in Uganda haben, befinden sich in Schutzgebieten oder wurden dort entdeckt. Ich meine Nationalparks, wie die Murchison Falls, hier liegen mehr als 150 Ölquellen. Ich spreche vom Queen Elizabeth Park mit dem Ngaji-Ölblock um den Lake Edward. Wir sprechen von Seen, wie dem Albert-See, einem Bergsee, einem Wasserkörper. Wir sprechen über Wildtierreservate wie das Gugung-Wildtierreservat.

Sprecherin: Bwenyge zählt weitere Hotspots biologischer Vielfalt auf: Kabwoya, Semlik, die Waldgebiete Bugoma und Tara.      

Rajab Bwengye: Die Ökosystem-Offsets sind Brutstätten von Wildtieren. Sie sind Wanderrouten von Wildtieren und Vogelarten.

Sprecherin: Offset – das sind Ausgleichflächen, Naturgebiete, die als Ausgleich für ein klimaschädliches Verhalten herhalten, Flächen, die für den Klimaschutz unverzichtbar sind.

Rajab Bwengye: Und wenn all diese Ökosysteme geschädigt sind, hat man ein großes Problem mit dem Konflikt zwischen Öl und Mensch. Weil die Ölfirmen mitten im Nationalpark aktiv sind, verscheuchen sie Giraffen, Löwen und Elefanten, und diese wandern aus ihrem natürlichen Lebensraum in die Gärten und Häuser der Gemeinden, siegefährden und töten Menschen. Wenn Sie jetzt zu den Gemeinden gehen, die in Bulisa leben oder in Kasinyi, Kakindo, Uduku und Ngwedo, werden Sie feststellen, dass das größte Problem dort die streunenden Elefanten sind. Man hat sie aus den Nationalparks verscheucht, und jetzt zerstören sie Gebäude und töten Personen, und niemand hilft den Gemeinden, damit fertig zu werden. Die Regierung tut nichts dagegen, sie unterhält sich nicht mit den Menschen. All das wurde durch die Freigabe von Ölfeldern verursacht. Dort, wo das Öl gefördert werden soll, haben wir einen Hotspot der Artenvielfalt.

Sprecherin: NAPE ist eine Organisation, die sich aktiv für nachhaltige Lösungen für Ugandas schwerwiegende Konflikte im Bereich Umwelt- und Wirtschaftswachstum einsetzt. NAPE überwacht Maßnahmen der Regierung, führt Forschungsarbeiten durch, stellt Lehrmaterial bereit entwickelt fundierte wissenschaftliche Strategien und organisiert betroffene Gemeinden. Diana Nabiruma von AFIEGO gibt einen Einblick, warum diese kritischen Gebiete um jeden Preis geschützt werden müssen.

Diana Nabiruma: Außerdem gibt es hier acht der 15 wichtigsten Wälder Afrikas. Der Albertinte Graben beherbergt außerdem über die Hälfte der Vogelarten Afrikas. In Uganda wird die Rohölpileline zehn Distrikte durchqueren, über eine Gesamtlänge von knapp 300 Kilometer. Alleine das Tilenga-Projekt umfasst Ölförderanlagen auf sechs Ölfeldern, während das Kingfisher-Projekt im Bezirk Kikuube angesiedelt ist. Zudem gibt es im Albertine-Graben Pflanzen, Reptilien und andere Formen der biologischen Vielfalt. Der Sun Falls National Park ist einer der ältesten, größten und meistbesuchten Nationalparks Ugandas. Leider gibt es im Rahmen des Tilienga-Ölprojekts, das von Total betrieben wird, 400 Ölbohrungen, von denen 130 im Murchison Falls National Park liegen. Wir wissen, dass insbesondere in Afrika die Ausbeutung oder Förderung von Öl mit der Erhaltung der Artenvielfalt unvereinbar ist.

Lärmbelästigung, Luftverschmutzung, Ölverschmutzungen und andere Faktoren wirken sich negativ auf die Tierwelt aus. Ölbohrungen in einem Nationalpark, der einer der größten ist und daher eine große biologische Vielfalt aufweist, bergen also Risiken.

Sprecherin: Die Aktivist*innen sind besorgt darüber, dass die Regierung es versäumt hat, aus den Erfahrungen anderer Länder zu lernen, die von der Ölförderung betroffen sind.

Diana Nabiruma: Es wird befürchtet, dass die Ölbohrungen im Nationalpark zum Sterben bestimmter Tiere führen könnten, zur Abwanderung anderer und vielleicht zum Aussterben einiger Arten. Durch die Nationalparks wird eine riesige Straße für das Tilenga Projekt gebaut. Der Naturschutz beklagt, dass diese das Überleben insbesondere von Reptilien gefährdet. Weil die Straßen im Vergleich zur Erde sehr heiß werden und so ist es für Tiere wie Schlangen, Warane und andere schwierig, von einer Straßenseite zur anderen zu gelangen, um nach Nahrung zu suchen. Fast ein Drittel der Pipeline verläuft entlang des Viktoriasees. Dieser See hat verschiedene Feuchtgebiete, die von der UNESCO als Ramsa-Stätten ausgewiesen wurden.

Sprecherin: Umweltexpert*innen verweisen auf die Klagen der Anwohner*innen anderer Länder und die dort verursachten Umweltschäden. Sie warnen davor, dass hier in Uganda die gleiche Katastrophe droht.

Rajab Bwengye: Ich habe mehrere Flüsse genannt, die vom Eacop betroffen sein werden. Ich habe über den Fluss Katonga gesprochen und über den Nabakazi zwischen den Bezirken Mubende und Gomba. Ich habe über den Fluss Kafu gesprochen, über den Jamakunya- und dann ist da noch der Viktoriasee. Wenn wir das gesamte Tilenga- und Kingfisher-Gebiet anschauen, dann kommt noch der Nil ins Spiel.

»Diese Risiken können nicht kontrolliert werden.«

Wenn Sie jetzt mit einem Touristenfahrzeug zu den Murchison-Fällen fahren, können Sie nicht umhin, diese Ölplattformen zu sehen, Sie werden tief in den Nationalpark und in die Nähe der Zuflüsse des Nils gelangen. Die Frage ist nun, wenn es zu diesen Lecken kommt, und dafür gibt es viele Gründe: Es könnte ein Unfall sein, es könnte an mangelhafter Technologie liegen, es könnte an mangelnder Sorgfaltspflicht liegen, es könnte an Sabotage liegen, so wie es am häufigsten in Nigeria geschieht. Über weite Strecken sind diese Pipelines unter der Erde vergraben. Sie werden über viele Jahre hinweg nicht erneuert, so wie die metallischen Wasserleitungen, und irgendwann platzen sie, brechen und es kommt zu Ölverschmutzungen.

Diese Risiken können nicht kontrolliert werden. Wenn das passiert, werden sie eine Katastrophe in der ostafrikanischen Region und eigentlich in allen Ländern des Nilbeckens verursachen. Denken Sie daran, dass im Fall der Ölpest der Viktoriasee betroffen ist, weil die meisten Feuchtgebiete im Einzugsgebiet von diesem Problem betroffen sein werden. Der Viktoriasee ist ein grenzüberschreitender See, den sich die Länder Uganda, Kenia und Tansania teilen.

Sprecherin: Während einige Auswirkungen, wie z. B. Ölverschmutzungen, absehbar sind, spüren die Gemeinden andere Umweltfolgenschon jetzt schon. Es geht soweit, dass Menschen dabei zu Tode kommen.

Jealousy Mugisha: Etwa anderthalb Kilometer von dem Ort entfernt, an dem die zentrale Verarbeitungsanlage gebaut wird, sehen wir: Öl ist ein Fluch. Wenn das Unternehmen mit dem Bau der zentralen Aufbereitungsanlage beginnt, betrifft das ein großes Stück Land. Sie haben sich viel Land genommen, die ganze Fläche wird abgeholzt. Es gibt kein Gras mehr.

Hinzu kommt, dass bei Regenfällen die Flut aus dem Gebiet oder dem Land, das die Firma erworben hat, den Zaun durchbricht, alles zerstört, in die Häuser der Leute eindringt, in die Gärten. Das Wasser fließt bis zum Albert-See, acht Kilometer von der zentralen Verarbeitungsanlage entfernt. Die Fischer fangen an, sich zu beschweren. Die Nachbarn der zentralen Aufbereitungsanlage verdienen eine Menge Geld. Dieses Business ist schlecht. Es zerstört ihre Ernten. Das Geschäft mit dem Öl führt dazu, dass das Wasser in ihre Häuser eindringt. Die Leute sind umgezogen. Einige Häuser sind zusammengebrochen. Das ist der Grund, warum wir jetzt den Anfang sehen.

Sprecherin: Trotz dieser Warnungen werden die Projekte derzeit unter Wirtschaftsaspekten betrachtet. Die Einnahmen der Staatskasse sollen mit der EACOP steigen. Die Regierung glaubt weiterhin an ihren Erfolg und schenkt jeglicher Kritik wenig Beachtung. Aktivist*innen sehen in diesen Projekten jedoch eine Bedrohung für jetzige und zukünftige Generationen.

Ohne Schutz keine Generationengerechtigkeit

Jealousy Mugisha: Wenn Sie unsere Umwelt heute nicht schützen, dann trifft es morgen unsere Kinder. Unsere künftige Generation. wird leiden. Wenn wir den Fluss nicht schützen. Heute. Wenn wir unsere Seen nicht schützen. Wir sprechen in unseren eigenen Reihen nicht darüber. Denn die Folgen werden nicht kompensiert. Die Leute wurden nicht entschädigt. Die Auswirkung werden wir alle zu spüren bekommen. Ob Offizier oder nicht, egal welcher Rang. Vielleicht sitzen Sie ja morgen nicht mehr in diesem Stuhl. Die Auswirkungen des Öls werden Sie verfolgen, so wie uns auch. Die Folgen werden alle unsere Enkel tragen.

Sprecherin: Im Juli 2022 wurden in einem Bericht zur den sogenannten Äquator Prinzipien * zahlreiche Bedenken von Umweltexperten aufgezeigt. Die Äquator Prinzipien und IFC Standards sind eine Art minimale Sorgfaltspflichten, auf die sich Unternehmen und zahlreiche Kreditgeber sowie das EACOP Projekt selbst verpflichtet haben. In dem Bericht weisen die Organisationen Inclusive Development International (IDI), AFIEGO aus Uganda und BankTrack darauf hin, dass die Ölprojekte immense Umweltrisiken mit sich bringen werden, einschließlich direkter Auswirkungen auf die biologische Vielfalt. Diese ergeben sich aus der Platzierung und Gestaltung des Projekts. Zudem bestehen indirekte Risiken durch die Gefahr von Ölverschmutzungen in geschützten und sensiblen Gebieten.

Sprecherin: In Uganda wurde die National Environment Management Authority (NEMA) beauftragt, dafür zu sorgen, dass die Projekte EACOP, Tilenga und Kingfisher den Umweltstandards nach Vorgabe der Äquator Prinzipien entsprechen. Die Behörde hat die Berichte über die Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen (ESIA) für die Projekte genehmigt, weil sie davon überzeugt war, dass die erforderlichen Anforderungen erfüllt wurden. Doch: Aktivisten haben diese Bewertungsberichte wegen mangelnder Substanz angefochten.

Rajab Bwengye: Sie wurden auf falsche Weise durchgeführt, und ich kann Ihnen den Grund dafür nennen. Wie kann man eine Umweltverträglichkeitsprüfung für ein Projekt umgehen? Sie verabschieden eine Umweltverträglichkeitsprüfung und haben noch nicht einmal einen konkreten Plan. Sie sagen, wenn das passiert, werden wir das tun. Wenn dies geschieht, werden wir dies tun. Wo sind diese Pläne? Sie sind nirgends zu finden. Sogar heute finden wir sie nirgends vor... dokumentierte Pläne für die Umweltverträglichkeitsprüfung, für Tilenga, für das King Fisher Projekt.

Wir bewegen uns hier nur in der Theorie, und die National Environment Management Authority ist nur dazu da, der Regierung zu dienen. Sie ist in erster Linie eine Regierungsbehörde, und Sie können nicht erwarten, dass sie sich hinstellt und Dinge ablehnt, von denen sie glaubt, dass die Regierung ein Interesse daran hat. Sie sind nur dazu da, ihren Job zu behalten, ansonsten kann man nicht viel von ihnen erwarten.

Sprecherin: Ungeachtet dessen drängt die ugandische Regierung nach wie vor auf mehr Mittel zur Unterstützung der Ölprojekte. Zuletzt bestätigte die chinesische Regierung ihre Unterstützung für die EACOP-Projekte. Doch auch die Aktivist*innen bleiben nicht untätig. Ihre Strategie ist es, Banken und Versicherungen aufzuklären und aufzufordern, die Unterstützung und Finanzierung dieser Projekte einzustellen.

Paris und Öl sind unvereinbar

Rajab Bwengye: Ja, der einzige Ausweg sollte sein, dass die Finanziers dieser Öl- und Gasprojekte jeden Vorschlag zu ihrer Finanzierung ablehnen und sich weigern, den Projektbetreibern Finanzierungskapital zu geben, und dieses Geld stattdessen in grüne, sauberere Energietechnologien stecken, die den Armen zugute kommen oder die umweltfreundlich sind und einfachen Menschen helfen. Uganda hat das Pariser Abkommens unterzeichnet, das den Klimawandel weltweit bekämpfen soll – ist aber damit beschäftigt, statt mehr in bessere saubere Energie zu investieren, in fossile Energie zu fordern.

Sprecherin: Die ugandische Regierung sagt, sie setze sich dafür ein, dass die Ölprojekte in einer umweltverträglichen und verantwortungsvollen Weise durchgeführt werden, weil sie wisse, wie wichtig es ist, das natürliche Erbe und die biologische Vielfalt zu bewahren. Patricia Litho Kevin, stellvertretende Kommissarin für Kommunikation im ugandischen Ministerium für Energie und mineralische Entwicklung, sagte in einer WhatsApp-Nachricht an einen Journalisten von Witness Radio:

Man sei sich der potenziellen Risiken bewusst, die mit der Ölförderung verbunden sind. Dies sei der Grund, warum man strenge Vorschriften, Überwachungsmechanismen und Notfallpläne eingeführt habe, um jegliche Umweltvorfälle, einschließlich Ölverschmutzungen, zu verhindern und darauf zu reagieren.  Auf die Frage, ob die eingeführten Maßnahmen zur Risikominderung unwirksam seien, wie von Aktivist*innen behauptet, sagte die Kommissarin:  Das Ministerium und die Regierung täten ihr Bestes, um darauf zu achten, was möglicherweise schiefgehen könnte und was sie tun können, um dies zu vermeiden.

Mugisha behauptet jedoch, dass sich die Regierung taub stellt. Die inzwischen aufgetretenen Probleme wurden den zuständigen Behörden gemeldet, doch bislang wurde keine Hilfe gewährt. Als wir die Regierung nach ihren Maßnahmen in Bezug auf Vorfälle wie Überschwemmungen und den Tod von Anwohnern aufgrund von Konflikten zwischen Wildtieren und Menschen fragten, die sich seitdem ereignet haben, antwortete Dr. Litho nicht mehr.

Shownotes

  • NAPE Uganda - ein Verband von Umweltexpert*innen
  • AFIEGO (African Institute for Energy Governance) kämpft für eine sozial und ökologisch gerechte Energiepolitik

Die Sendung zum Nachhören beim südnordfunk.

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